Scheidung & psychologische Effekte auf Kinder

Während vor einigen Jahrzehnten Scheidungen eher eine Ausnahme waren, sind diese mittlerweile ein häufig auftretendes Phänomen unserer Gesellschaft. Ca. 150.000 Kinder sind jährlich von einer Scheidung der Eltern betroffen.

Scheidungs- und Trennungsrate

Die Scheidungsrate variiert jährlich grob im Bereich von 40% und gibt das Verhältnis von Scheidungen zu Eheschließungen in einem Jahr an. Durch die Scheidungsrate werden allerdings nicht diejenigen Paare erfasst, welche nicht verheiratet sind, sowie mit oder ohne Kinder zusammenleben und sich nun trennen. Die Effekte einer Scheidung können als grundsätzlich negativ beschrieben werden – körperliche und psychische Probleme der Beteiligten sind häufige Folgen. Das Risiko an einer Depression zu erkranken, steigt bis zu ca. 180%. Und selbst bei Wiederverheiratung werden häufig nie mehr so hohe Werte in Lebenszufriedenheit erreicht, wie vor der Scheidung.

Wirkung von Scheidung auf Kinder

Gerade die Trennung der Eltern ist ein zentraler Risikofaktor für das Zustandekommen von psychischen Störungen und emotionalen Auffälligkeiten. Während und unmittelbar nach der Scheidung finden sich bei Kindern häufig Defizite in körperlicher sowie psychischer Leistungsfähigkeit. Wobei selbst Jahre nach der Scheidung noch Folgeeffekte eintreten können – Kinder tragen nicht selten eine Beeinträchtigung der eigenen Beziehungsfähigkeit davon und haben ein wesentlich höheres Risiko, selbst eine Scheidung zu erleben. Wir finden diese Effekte auch bei Kindern, bei denen sich die Eltern weitestgehend kooperativ getrennt haben.

Schläfereffekte

Ein Mythos der sich hin und wieder findet, ist, dass eine Scheidung weniger negative Effekte auf Kinder hat, je älter diese sind, wenn sich die Eltern trennen. Diese Behauptung deckt sich aber nicht mit der aktuellen Forschung.   

Zwar erholen sich Kinder häufig innerhalb von zwei Jahren von den unmittelbaren Belastungen einer Scheidung, aber die Nachwirkungen zeigen sich nicht selten erst im jungen Erwachsenenalter. Hier spricht man von sogenannten Schläfereffekten: Das Schlimmste scheint vorbei und bewältig, aber die psychischen Konsequenzen treten erst Jahre später in Erscheinung. Auch wenn sich die psychische Belastung von Trennung auf Kinder durch einen möglichst konfliktfreien Trennungsprozess sowie einer guten Kooperation in der darauffolgenden Elternschafft abschwächen lässt, bleiben häufig die negativen Effekten bestehen.

Bedürfnis nach Halt und Sicherheit

Selbst bei einer gut verlaufenden Trennung, erfahren die Kinder häufig eine Erschütterung der Bedürfnisse nach Halt, Sicherheit und Verlässlichkeit der Eltern. Dies führt nicht selten dazu, dass Kinder ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen und Rollen im Familiensystem übernehmen, welche überfordern. Bspw. wenn ein Kind plötzlich zum Streitschlichter wird oder die Eltern trösten muss. 

Darüber hinaus übernehmen und kopieren häufig Kinder die Umgangsformen und Bewältigungsstrategien der Eltern, weshalb ungelöste Partnerschaftskonflikte auch ohne Scheidung bereits einen negativen Effekt auf die körperliche und psychische Gesundheit des Kindes haben können. Wobei auch hier festgehalten werden muss, dass Konflikte die offen vor dem Kind ausgetragen werden und von den Eltern nachhaltig gelöst werden, das Kind meist nicht schädigen und so die Eltern zu einem Modell von gelingender Konfliktbearbeitung werden können.

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